1972 in Berlin geboren 1985–1992 Malunterricht bei Wolfgang Prehm 1992 Abitur 1992–1998 Studium der Malerei an der Hochschule der Künste (HdK), Berlin, in der Klasse von Professor Klaus Fußmann 1996 Mal- und Studienreise nach Lappland 1997 Malreise nach Australien 1998 Ernennung zum Meisterschüler von Klaus Fußmann · GASAG-Kunstpreis · Mitglied im Verein Berliner Künstler 1999 Mitglied im Künstlersonderbund 2000 Franz-Joseph-Spiegler-Preis, Schloß Mochental, Ehingen 2001 Lehrtätigkeit an der Staatlichen Zeichenakademie, Hanau · Kunstpreis „Salzburg in neuen Ansichten“, Schloss Neuhaus, Salzburg · Vorstandsarbeit im Künstlersonderbund bis 2007, seinerzeit diverse Werkstattgespräche mit Mitgliedern des Künstlersonderbundes 2002 Lehrtätigkeit an der staatlichen Zeichenakademie, Hanau · Mitglied in der Neuen Gruppe, München · Malreisen nach Italien und China 2003 Mitglied bei den Norddeutschen Realisten · Malreisen in die Provence, auf die Azoren und nach Indien 2004 Malreisen nach Irland, Amsterdam, Italien und Kalifornien · Lehrtätigkeit an der Akademie Vulkaneifel, Steffeln · Finalist des Europäischen Kunstpreises 2004 bei der Triennale, Mailand 2005 Malreisen nach Irland, Kalifornien und Australien · Hochzeit mit Erika Maxim 2006 Stipendium der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, München · Dozent an der Akademie für Malerei, Berlin 2007 Malreise nach Australien ins Hunter Valley, nach Sydney und zum Ayers Rock 2008 Dozent an der Akademie für Malerei, Berlin · Geburt der Tochter Frida Maria 2009 Dozent an der Akademie für Malerei, Berlin · Auftrag, anlässlich des 20-jährigen Jubiläums zur Wiedervereinigung, alle 16 Bundesländer zu malen · Reise nach Wuhan, China 2010 Dozent an der Akademie für Malerei, Berlin · Atelierstipendium Wollerau, Peach Propertys Group, Schweiz 2011 Malreise nach Kalifornien und an den Golf von Neapel 2012 Malreise in die Toskana und nach Rumänien · Große Werkschau in der Alten Münze, Berlin, Eröffnung durch Kulturstaatsminister Bernd Neumann 2013 Kunstpreis der Schleswig-Holsteinischen Wirtschaft an die Norddeutschen Realisten 2014 Malreise in die Toskana · Dozent an der Akademie für Malerei, Berlin 2015 reisen nach Südkorea und Island 2016 Die Neue Zürcher Zeitung veröffentlicht erstmals eine Kunstedition mit 22 Zürich-Bildern von Christopher Lehmpfuhl · Die Galerie Carzaniga zeigt erstmals Werke von Christopher Lehmpfuhl auf der ART BASEL · Malreise nach Island 2017 Christopher Lehmpfuhl zeigt erstmals ein Werk aus dem Schlossplatz- Zyklus im Rahmen des Spendentages und Tag der offenen Baustelle im Foyer des Humboldtforums · Malreise nach Georgien · Dozent an der Akademie für Malerei, Berlin 2018 Baumkunstpreis 2018 der Schleswig-Holsteinischen Landesmuseen, Schloss Gottorf · Malreise nach Irland
2005 Galerie Lange, Berlin · Kunstverein Hohenaschau · Galerie Netuschil, Darmstadt · Galerie Tobias Schrade, Ulm · Galerie Klaus Lea, München (mit Harry Meyer) · Galerie Sundermann, Würzburg · Mecklenburgische Versicherungsgruppe in Hannover und der Remise von Schloss Mirow (Müritz), jeweils zusammen mit dem Kunst-Kabinett Usedom, Benz, Buchpräsentation: „Meerlandschaft. Mecklenburg-Vorpommern“ · Galerie Schottelius European Fine Arts, San Francisco · Galerie Meier, Freiburg · Galerie Oberländer, Augsburg 2006 Galerie Berlin, Berlin (K) · Galerie Schrade & Blashofer, Karlsruhe (K) · Galerie Ludorff, Düsseldorf (K) · Kunst-Kabinett Usedom, Benz · Museum Fähre, Bad Saulgau · Galerie Meyer, Lüneburg 2007 Art Karlsruhe: Galerie Berlin, Berlin, one-man-show · Galerie Sundermann, Würzburg · Ernst-Ludwig-Kirchner Kunstverein, Fehmarn · Residenz, München, anlässlich der Verleihung des Kunststipendiums der Bayerischen Akademie der Schönen Künste · Galerie Swiridoff, Schwäbisch Hall, Präsentation für das Museum Würth · Galerie Schrade Schloß Mochental, Ehingen (K) · Ray Hughes Gallery, Sydney (K) · Kunst-Kabinett Usedom, Benz (K) 2008 Galerie Sundermann, Würzburg · Galerie im Woferlhof, Bad Kötzting · Galerie Ludorff, Düsseldorf (K) · Galerie Netuschil, Darmstadt · Galerie Meier, Freiburg (K) · Galerie Swiridoff, Schwäbisch Hall, Präsentation für das Museum Würth 2009 Galerie Swiridoff, Schwäbisch Hall, Präsentation für das Museum Würth. Galerie Bode, Nürnberg (K) · Galerie Carzaniga, Basel (K) · NordseeMuseum Husum, Nissenhaus (K) · Galerie Meyer, Lüneburg (K) · Galerie Berlin, Berlin (K) · Kunsthaus Müllers, Rendsburg 2010 Galerie Herold, Hamburg (K) · Sparkassenstiftung Schleswig-Holstein, Kiel (K) · Kunstverein Osterholz e.V. · Galerie Schrade, Karlsruhe (K) · Alte Münze, Berlin (K) · Kunst-Kabinett Usedom, Benz · Galerie Schrade Schloß Mochental, Ehingen (K) · Galerie Swiridoff, Schwäbisch Hall, Präsentation für das Museum Würth 2011 Brenner’s Parkhotel, Baden Baden, in Zusammenarbeit mit der Galerie Ludorff, Düsseldorf · Krefelder Kunstverein, Krefeld, in Zusammenarbeit mit der Galerie Ludorff, Düsseldorf · Kunsthaus Müllers, Rendsburg · Galerie Meyer, Lüneburg (K) · Galerie Carzaniga, Basel (K) · Gut Altenkamp, Papenburg, „Christopher Lehmpfuhl. Malerei 1995–2011“ · Galerie Sundermann, Würzburg · Galerie Ludorff, Düsseldorf, „Neue Wege“ (K) 2012 Galerie Berlin, Berlin · Eröffnung des Restaurants „Santa Lucia“ in Bern mit Bildern aus Neapel und der Amalfiküste · Genueser Schiff, Hohwacht · Terrasse, Zürich (K) · Galerie Tobias Schrade, Ulm (K) · Galerie Swiridoff, Schwäbisch Hall, Präsentation für das Museum Würth · Galerie Meier, Freiburg (K) · Alte Münze, Berlin, „Berlin – Plein Air. Malerei von 1995–2012“ 2013 Baumhaus, Wismar, in Kooperation mit der Galerie Meyer, Lüneburg · Coburger Kunstverein, Coburg · Galerie Schrade, Schloß Mochental (K) · Art Cologne: Galerie Ludorff, Düsseldorf, one-man-show (K) · Galerie Carzaniga, Basel (K) · Kunstverein der Stadt Glauchau · Sparkassengalerie, Schweinfurt · Galerie Netuschil, Darmstadt (K) · Galerie Müllers, Rendsburg (K) · Galerie Swiridoff, Schwäbisch Hall · FAZ Atrium, Berlin · Galerie Meyer, Lüneburg 2014 Galerie Sundermann, Würzburg · Galerie Bode, Nürnberg (K) · Stadtgalerie Alte Post, Westerland/Sylt, in Kooperation mit dem Kunsthaus Müllers, Rendsburg (K) · Ostholstein-Museum, Eutin (K) · NordseeMuseum Husum, Nissenhaus (K), in Kooperation mit Kunst-Kabinett Usedom, Benz · Galerie Ludorff, Düsseldorf (K) 2015 Galerie Schrade, Karlsruhe, „Karlsruher Parklandschaften“ (K) · Galerie Tobias Schrade, Ulm 2016 Kempinski Grand Hotel des Bains, St. Moritz · Präsentation des Island-Zyklus für das Museum Würth, Galerie Swiridoff, Schwäbisch Hall · Rudolf Stolz Museum, Sexten (K) · Stadtgalerie Westerland, Alte Post, Sylt, in Kooperation mit der Galerie Müllers (K) · Kunstmuseum Bensheim, Bensheim (K) · European School of Management and Technology, Berlin · Kurt-Tucholsky Literaturmuseum, Schloss Rheinsberg · ART Karlsruhe: Galerie Meier, Freiburg (one-artist-show) · Robert-Köpke Haus, Schieder-Schwalenberg 2017 Kunsthaus Müllers, Rendsburg · Galerie Schrade, Mochental (K) · Art Karlsruhe (one-artist-show), Galerie Schrade, Mochental · Galerie im Fruchtkasten, Kloster Ochsenhausen · Präsentation im Humboldtforum, Berlin · Galerie Kornfeld, Berlin · Burg Knipphausen, Wilhelmshafen · Marburger Kustverein, Marburg · Fabrik der Künste, Hamburg · Präsentation für das Museum Würth, Galerie Swiridoff, Schwäbisch Hall 2018 Galerie Ludorff, Düsseldorf (K) · Galerie Müllers, Rendsburg (K) · Galerie Tobias Schrade, Ulm (K) · Galerie Urs Reichlin, Zug · Galerie Swiridoff, Schwäbisch Hall, Präsentation für das Museum Würth; Große Werkschau vom Schlossplatz in der U5 „unter den Linden“ in Kooperation mit Bertelsmann und PPG U5 · Art Karlsruhe: Galerie Kornfeld, Berlin (one-artist-show) · Galerie Schrade, Karlsruhe (K) · Galerie Kornfeld, Berlin (K) · Kunsthaus Hänisch, Kappeln
Allianz Berlin · Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau- und Reaktorsicherheit, Berlin · Deutscher Bundestag, Berlin · Deutsches Institut für Normung e.V. (DIN), Berlin · GASAG, Berlin · Sammlung Haas, Berlin · Sammlung Oberwelland,Berlin · Sammlung Hurrle, Durbach · WestLBAG,Düsseldorf · Sammlung Schües, Hamburg · Mecklenburgische Versicherungsgruppe, Hannover · NORD/LB, Hannover · NordseeMuseum Husum · Itzehoer Versicherungen, Itzehoe · Badisches Landesmuseum, Karlsruhe · Städtische Galerie, Karlsruhe · ZKM, Karlsruhe · Sparkassenstiftung Schleswig-Holstein, Kiel · Kölnisches Stadtmuseum, Köln · Schloss Gottorf, Schleswig · Sammlung Würth, Schwäbisch Hall · Kunsthalle Schweinfurt · Nolde Stiftung, Seebüll · Kunstmuseum Solingen · Museum Ulm, Ulm · Sammlung Bindella, Zürich · Sammlung Block, Hamburg · Kunsthalle Emden · Rudolf-Stolz-Museum, Sexten
Text von Christopher Lehmpfuhl aus dem Buch "Aquarelle" erschienen zu der Ausstellung "Aquarelle" in der Galerie Tobias Schrade 2018
Das Aquarell ist die Kaisertechnik in der Bildenden Kunst!
Es gibt nur wenige Maler in der Kunstgeschichte, die mich mit ihrer Aquarelltechnik überzeugt haben. Hier zeigt sich nämlich das wahre Können eines Künstlers. Er darf sich bei Aquarell keine Fehler erlauben. Die gesamte Komposition und der Farbklang müssen von vornherein feststehen. Eine Korrektur ist nicht möglich. Das Malen eines Aquarells ist ein Akt höchster Konzentration.
Die Aquarelle von Albrecht Dürer z. B. mit seinen Nürnbergansichten, Landschaften und Wiesenstücken sind für mich von einer zeitlosen Intensität und Qualität, die mich jedes Mal aufs Neue begeistern. Es ist faszinierend zu sehen, wie modern sie sind, vor allem wenn er das Blatt nicht vollständig ausfüllt, sondern unfertig stehen lässt. In den Details ist er meisterhaft, ebenso im Weg-lassen. Er ist für mich bis heute einer der wichtigsten Künstler und hat gerade mit seiner Aquarelltechnik für alle nachfolgenden Künstlergenerationen Maßstäbe gesetzt, so auch für mich.
Emil Nolde, der Expressionist, hat einen ganz anderen Ansatz, der für mich nicht weniger faszinierend ist. Er hat nicht den Anspruch des realistischen Abbilds, sondern der Darstellung von Atmosphäre, einer Lichtstimmung und von Farbe. Seine Aquarelle vom Meer beispielsweise reduzieren sich eigentlich nur auf Himmel und Wasser und besitzen eine unglaubliche Abstraktion und Modernität. Auch sie sind auf eine gewisse Weise zeitlos. Sie entstanden größtenteils im Atelier aus der Erinnerung. Man spürt in ihnen, wie Nolde die nordfriesische Landschaft verstanden und verinnerlicht hat, mit ihr eins wurde. Er hat die goldenen und roten Abendhimmel in eine Bildform gebracht, die den Charakter dieser Landschaft in ihrer Reichhaltigkeit und Diversität auszeichnet.
Noch während meines Studiums habe ich mich zudem viel mit den Aquarellen von Edward Hop-per beschäftigt. Seine präzisen Architektur- und Landschaftsaquarelle waren lange Zeit für mich der Ansatz, die gewonnene Erkenntnis über die zwei Meister Dürer und Nolde in einen zeitgemäßen Kontext zu übertragen. Er hat einen Ausdruck für seine Zeit gefunden, das amerikanische Lebensgefühl der 60er/70er Jahre, das starke Licht, die Schlagschatten, die menschenleeren Häuser in den Dünen, Bahnübergänge oder Industrielandschaften, den Ausdruck von unendlicher Weite und gleichzeitig großer Einsamkeit. Sie besitzen eine unglaubliche Klarheit und Härte, eine Konsequenz in der Form, eine Liebe zum Detail und dennoch eine Modernität und Vereinfachung. Sie sind auf ihre Weise auch zeitlos meisterhaft, haben jedoch den Anspruch, genau den Moment, die Zeit einzufangen.
Mein ehemaliger Professor Klaus Fußmann hatte unter den Zeitgenossen sicherlich den größten und wichtigsten Einfluß auf mich. Von der ersten Minute an habe ich bei ihm eine Seelenverwandschaft gespürt und war froh, in einer Zeit, in der die gegenständliche Malerei einen schwierigen Stellenwert hatte, einen Gleichgesinnten gefunden zu haben, dem das unmittelbare Erleben des Gemalten in der freien Natur etwas bedeutet. Seine Aquarelle sind malerisch angelehnt an Emil Nolde und besitzen dennoch eine ganz eigene Bild- und Formsprache. Mich begeistern besonders seine Seestücke und Islandbilder, wo er enorm frei und abstrakt die Landschaft in Form und Farbe auflöst. Noch als Student habe ich, angeregt von seinen Aquarellen, das Berliner Umland erkundet und die Felder und Seen auf farbiges Büttenpapier gemalt. Ich wollte später, genau wie Fußmann, aus den gewonnenen Erkenntnissen meine ganz eigene, unverkennbare Handschrift entwickeln. In meiner künstlerischen Entwicklung hat das Aquarell immer eine untergeordnete Rolle gespielt. Ich habe meistens auf meinen Fernreisen nach China, Australien, Indien oder Kalifornien aquarelliert, da es praktischer war, Aquarelle im Handgepäck zu verstauen, als sperrige Ölbilder, die zudem noch durchtrocknen, in Transportboxen verstaut und verzollt werden müssen. Die Logistik ist eine ganz andere und ich komme ohne großen Aufwand an Orte heran, die ich mit Sackkarre und Riesenleinwand nicht erreichen würde. Es hat eine Zeit gedauert, bis ich das Aquarell als eigenständige Technik und Bildform für mich akzeptiert habe. Ich sehe meinen Schwerpunkt eher in der Öltechnik, in der Haptik, der skulpturalen Anmutung, wie zuletzt bei den Litfaßsäulenbildern. Der Kunsthistoriker Thomas Gädeke, Freund und Kenner meiner Kunst, hat mich dazu ermutigt, öfter zu aquarellieren, da es ein ganz anderer Ansatz und Bildaufbau ist als beim Ölbild. Während ich beim Ölbild von hinten nach vorne und in mehreren pastosen Schichten arbeite, und Lichtpunkte auch noch später setzen kann, muss ich beim Aquarell die hellsten Punkte freilassen und genau überlegen, wie ich die Dunkelheiten setze, welchen Moment und Farbklang ich einfangen möchte. Eine plötzliche Lichtveränderung kann ich nicht automatisch im angefangenen Bild umsetzen, wie beispielsweise beim Ölbild. Das Weiß des Papiers ist am Ende auch der hellste Punkt im Bild.
Die in diesem Bildband zusammengefassten Aquarelle stammen aus unterschiedlichen Schaffensphasen der letzten 17 Jahre und entstanden auf diversen Reisen nach Kalifornien, an die Ostsee, jüngst nach Österreich und aus Berlin. Es war uns ein Anliegen, diese Aquarelle einmal zusammenzutragen und erstmals in einer Ausstellung eigenständig zu präsentieren.
Die ältesten Aquarelle entstanden auf der Ostseeinsel Usedom „Dachlandschaft“, 2001 (S. 12) und sind noch angelehnt an die Küstenlandschaften von Edward Hopper. Bei der Dachlandschaft in Bansin interessierte mich das Lichtspiel und die Form der spitzen Giebel. Mit den Strandkörben im Vordergrund entsteht eine Unteransicht, die auch für Hopper so typisch ist. Im Gegensatz zu ihm wollte ich aber aus der Szene an der Promenade nur einen Ausschnitt herausarbeiten. In den Folgejahren entstanden einige kleine Seestücke im Rahmen meiner Malreisen an die Ostfriesischen Inseln. Spiekeroog und Juist hatten mich dabei besonders fasziniert. „Häuser hinter Dünen“ (S. 21) und „Spiekeroog“ (S. 20) zeigen immer noch den Einfluss Hoppers. Der Bildausschnitt lehnt sich aber mehr und mehr an meine Ölbilder an und ich versuche auch hier eine eigenständige Bildsprache zu entwickeln.
Sehr viel deutlicher wird das in den Berlinansichten, die ich 2002 und 2003 vom Fernsehturm aus gemalt habe. Sie sind sehr viel freier gearbeitet. Das Licht, die Form und Komposition, sowie der Farbklang bekommen eine größere Bedeutung. Die Architekturelemente wie Dächer, die Kuppel des Berliner Doms „Karl-Liebknecht-Straße“ (S. 39) oder das Rote Rathaus, die Straßenschluchten oder Museumsinsel sind weniger detailliert herausgearbeitet. Aus der Nähe betrachtet sind sie sehr viel abstrakter als die Bilder von 2001. Erst mit dem Abstand zum Bild erschließt sich die Komposition, ähnlich wie bei meinen Ölbildern.
Bei den Aquarellen aus Kalifornien setzt sich diese Vereinfachung fort. Das starke Licht, das tiefe Blau des Himmels und des Lake Tahoe haben mich dazu animiert, die leuchtenden Farben und schwarzen Schatten in eine neue, klare Formsprache zu bringen. Diese Entwicklung sieht man besonders gut, wenn man die Bilder von 2004 „Blick durch Bäume“ (S. 28) mit denen von 2011 „Strandszene“ (S. 33) vergleicht. Während beim „Blick durch Bäume“ eine stärkere Detailfülle wie die Schatten der Bäume auf dem Strand und die Wellen des Lake Tahoe, sowie das Lichtspiel auf dem Wasser herausgearbeitet sind, dominieren die leuchtenden Farben und Formen der Liegestühle in der „Strandszene“. Der Schwerpunkt in diesem Buch liegt jedoch bei den Aquarellen aus Österreich, meiner zweiten Heimat. Sie entstanden in den letzten zwei Jahren und haben für mich eine ganz besondere Bedeutung, da ich diesen Ort meiner Kindheit sehr stark verinnerlicht habe. Ich habe Österreich jedes Jahr und zu jeder Jahreszeit erlebt, bin dort gewandert und Ski gefahren und habe ein Gespür für Landschaft entwickelt. Ohne Österreich wäre ich sicherlich nicht ein Landschaftsmaler geworden. Hier liegen meine Wurzeln. Paradoxerweise habe ich jedoch sehr selten dort gemalt, da ich es immer als mein Urlaubsland empfunden habe und die zahlreichen Erinnerungen für mich behalten wollte. Meine Frau Erika und Studiomanagerin hat mich vor einigen Jahren dazu angeregt, auch im Urlaub zu aquarellieren – und zwar an jenen Orten, die uns über die Jahre wichtig geworden sind. So entstanden auf unseren Lieblingstouren zahlreiche Impressionen und Lichtstimmungen, die ich seit meiner frühesten Kindheit her kennen und lieben gelernt habe.
Die Blicke auf den Dachstein bei unterschiedlichen Licht- und Wolkenstimmungen haben es mir ganz besonders angetan. Das „Dachsteinmassiv in Wolken“-Diptychon (S. 56-57) entstand im Februar 2018 und zeugt von einer großen Abstraktion. Die verschneiten Berge werden größtenteils von den Wolken verdeckt und erhalten somit eine neue Form und sind dennoch zu erkennen. Sie verschmelzen farblich mit den Wolken und Schneefeldern und der Betrachter muss die fehlenden Fragmente im Kopf ergänzen. Diese Reduktion der Farbigkeit einer Winterlandschaft begeistert mich immer wieder aufs Neue. Es dominieren die Grau, Ocker- und Beigetöne und erzeugen einen ganz eigenen Farbklang. Bei einer Winterlandschaft lerne ich das Sehen. Minimale Nuancen in den Weißtönen machen für mich den Reiz aus, denn hier beginnt für mich Malerei. Auch „Ramsau in Wolken“ (S. 15) spielt mit dieser Reduktion. Nur schemenhaft werden die Gehöfte, Wälder und Bäume angedeutet und geradezu umrahmt von einzelnen Wolkenfeldern. Diese verdecken die Szenerie zu mehr als einem Drittel. Das „Dachsteinmassiv“ (S. 18) von 2017 entstand im Oktober bei Kaiserwetter am Fuße des Dachstein. Die Südwand erstrahlte im vollen Licht. Vor den zerfurchten Felswänden standen die orangefarbenen Lärchen und bildeten einen spannenden Farbakzent zum Blau des Himmels.
Aber auch die Sommerbilder wie der „Duisitzkarsee“ (S. 44) und die „Morgenspiegelung“ (S. 46) zeigen die farbliche Vielfalt, die die Bergwelt zu bieten hat. Die sich spiegelnde Alm, der beschattete Berg im Hintergrund, das satte Grün der Wiesen lassen einen abtauchen und den Alltag vergessen. Hier ist die Zeit stehen geblieben. Ebenso bei der „Morgenspiegelung“, die ich genauso als Jugendlicher kennengelernt habe. Gut, dass es noch solche Orte gibt. Mir war es wichtig, sie einzufangen und für sie einen künstlerischen Ausdruck zu finden. Sie sind Oasen, die es zu erhalten gilt.
Ich habe meinerseits die Aquarelltechnik als eine spannende, eigenständige Ergänzung zur Öl-malerei gefunden. Die logistischen Vorteile und die künstlerische Herausforderung stehen für mich in einem akzeptablen Verhältnis. Für einen Künstler ist es von großer Bedeutung, unterschiedliche Ansätze und Herangehensweisen beim Malen eines Bildes zu entwickeln. Dieses Umdenken belebt den Malprozess und schützt vor Routine.